Freitag, 28. Juni 2013

Faszination Dexter - Die Barrel Girl Gang


"Tick, tick, tick. That's the sound of your life running out." 

Heute beschäftigen wir uns mit einem besonderen Gegenspieler - oder sollte ich eher sagen, mit besonderen Gegenspielern? Richtig, es geht um die sogenannte "Barrel Girl Gang", wie sie im Dezernat der Serie betitelt werden (Achtung: Es folgen nun sehr viele Spoiler, bitte erst lesen, solltet ihr die Staffel bereits gesehen haben). Bei dieser Gemeinde handelt es sich um eine fünfköpfige Truppe, die sich gerne "nehmen, was sie wollen". Triebtäter, Vergewaltiger; alle haben gemeinsam zwölf Frauen vergewaltigt und ermordet. Doch was sind das für Menschen? Was steckt hinter der Fassade, warum sind sie so, wie sie sind? Ich versuche dieses Phänomen im Folgenden anhand von den Charakteren "Jordan Chase", "Boyd Fowler" und dem ersten Opfer "Emily Birch" näher zu erklären. 



"Just take it."

Jordan Chase ist ein perfekter und erfolgreicher Geschäftsmann wie er im Buche steht. Seine Ausstrahlung ist makellos, das Gesicht stets frisch gewaschen und rasiert, die Haare sitzen immer genau richtig und der Anzug ist faltenfrei und von teuerster Marke. Das fehlerfreie, weiße Lächeln ist so trügerisch, dass es einem schon Angst machen könnte. Der Motivationstrainer Jordan Chase ist für viele ein Idol, so hat er seine Träume verwirklichen können und genau alles gemacht, was er wollte. Wie hat er das erreicht? 

Später offenbart sich, dass Jordan Chase nicht immer der wunderschöne Anzugträger war, der er nun ist. Einst war er ein übergewichtiges Kind, das vermutlich nicht unbedingt beliebt auf Grund seiner Ausstrahlung war. Es fehlte ihm auch sehr wahrscheinlich stark an Selbstvertrauen. Er selbst meinte mal, dass er seine Ansichten auf das "Symposion" von Platon stützt. 
Im "Symposion" geht es um ein Trinkgelage unter Freunden und Bekannten, wobei die Reden Sokrates' gelobt werden und der "Eros" näher beleuchtet wird.  Dabei wird unterschieden zwischen dem Eros, welcher "Begehren" und "Verlangen" ("Primal Nature") sowie körperliche Befriedigung (der Verkehr mit den Mädchen) darstellt und dem himmlischen Eros, welcher der Suche nach Wahrheit und Erkenntnis gleicht.
Insgesamt kann man das "Symposium" überinterpretiert symbolisch mit der ersten Vergewaltigungstat gleichsetzen. Die Gruppe hat einen unausgesprochenen Pakt mit Regeln beschlossen und das Resultat war, dass Chase zu sich selber gefunden hat und in sich endlich jemanden gefunden hat, der nützlich sein kann. Sein befehlerischer und herrischer Umgangston sowie die Tatsache, dass er derjenige war, der die Befehle erteilte, legte den Grundstein für sein Motivationstraining fest und er entdeckte, dass er psychisch seine Mitmenschen gezielt und systematisch beeinflussen und kontrollieren kann. So gelang es ihm auch später, die Kontrolle über Emily zu übernehmen und dies zu seinem eigenen Vorteil zu nutzen. 



In diesem Beziehungsgefüge nimmt Jordan Chase, welcher früher auf den Namen Eugene Greer hörte, eine entscheidende Rolle ein. Er ist sozusagen der Gruppenleiter und spricht die Befehle aus, ist nebenbei aber auch noch der Erfolgsmann und kann manipulativ eine ganze Horde in Schach halten, so auch durch sein selbst erschaffenes Unternehmen ("Eros ist Urheber der größten Wohltaten für die Menschen, sowohl was das Privatleben als was die staatliche Gemeinschaft und vor allem auch, was das geschlossene Zusammenstehen einer Kriegerschar anlangt." - Symposion von Platon; "[...] , so ist Eros der glücklichste unter den Göttern" - Symposion von Platon). Die geschlossene Kriegsschar und das Privatleben steht hierbei für die untere Organisation, in welcher die Blondinen entführt, vergewaltigt und misshandelt werden, während die staatliche Gemeinschaft das öffentliche Auftreten von Jordan repräsentiert. Des Weiteren verdeutlichen die "größten Wohltaten" zum Einen das Motivationstraining und deren Slogan "Take it now!", welcher impliziert, dass man sich einfach alles nehmen soll, was man will, egal was es ist und zum Anderen die Vergewaltigungsgelüste die Chase und seine Gruppe hegen. Zudem ist auch nur er in der Postion, dem Übel ein Ende zu bereiten, wofür auch symbolisch seine Uhr steht ("Eros allein vermag es, den Entschluss zur Aufopferung des eigenen Lebens für das Leben anderer hervorzurufen." - Symposion von Platon). Somit ist er nicht nur im geschäftlichen, sondern auch im Privatleben in einer Machtposition, welche er genießt und ausnutzt.

Es liegt auch nahe, dass Herr Chase sich selber mit dem personifizierten Eros und somit auch mit Sokrates identifiziert. Oder eher gesagt, dass die Masterminds hinter "Dexter" das so gedreht haben. Erkennbar ist das unter Anderem auch daran, dass Chase sich nicht anfassen lassen will (Szene mit Emily) und auch sichtlich angewidert ist, als er Lumen und Dexter mit baren Fäusten attackieren musste ("Der himmlische Eros liebt mehr die Seele als den
Leib" - Symposion von Platon). Auch wird dies daran erkenntlich, dass sich Chase lieber in eine übergeordnete, fast "göttliche" Position begibt - Er fasst keines der Mädchen an, was forensisch auch bewiesen wurde, sonder gibt seinen Freunden und Opfern Befehle. Er ist somit zum Bindeglied von Leben und Tod geworden - Er kann auf Befehl töten und Leben lassen ("Was aber die Wohltaten des Gottes betrifft, so ist er Verleiher aller Vorzüge, die er selbst besitzt. In einem schwärmerisch erhabenen Hymnus auf diese Gaben klingt die Rede aus, deren hinreißender Schwung bei den Hörern den mächtigsten Widerhall findet" - Symposion von Platon). Auch spiegelt es sich in seinen Anhängern und Fans wider (Beispiel: Boyd Fowler). Sie huldigen seine Reden (genau wie die Menschen Sokrates' Reden loben) und sehen ihn als Idol an, welcher das Leben vieler Menschen verändern und manipulieren kann.




Boyd Fowler hingegen nimmt eine klassische untergeordnete Rolle ein. Er folgt den Befehlen seines alten Freundes und verfolgt dessen Reden enthusiastisch. Man könnte auch fast sagen, dass er die "Drecksarbeit" erledigt - Er fasst die Mädchen sowohl an als auch tötet sie. 
Somit stellt er auch quasi einen Kontrast zu Chase dar; Sein Job ist "dreckig" (sowohl im öffentlichen Leben als auch in der Gang) und er ist intellektuell nicht auf der Höhe. Des Weiteren stellt er auch optisch ein großes Gegenteil zu Chase dar; Meist ungepflegt, stets niedere Arbeitskleidung und definitiv nicht so makellos wie sein guter Freund. Insgesamt verkörpert er eine einfache Schachfigur für Chase, welcher ihn offensichtlich manipuliert. 
Niemand würde jemals vermuten, dass solch eine Person mit dem berühmten Chase verkehrt.



Ein weiteres wichtiges Mitglied für Chase ist die Jugendfreundin Emily Birch. Genau wie Fowler und Chase kannten sich Birch und Chase schon seit der Kindheit und sie war ebenfalls involviert im ersten Akt: Um genauer zu sein war sie sogar sein erstes Opfer. Durch dieses nostalgische Erlebnis hat Chase eine besondere Bindung zu ihr aufgebaut und trägt sogar ihr Blut in einer Halskette.
Dieses traumatische Erlebnis versucht Emily mit dem Stockholm-Syndrom zu kompensieren. Die Tatsache, dass ihr geliebter Freund sie missbraucht hat - was völlig gegen ihr bisheriges Bild vom netten Chase spricht - hat sie so sehr zerrüttelt und zerstört, dass ihr Gehirn umdenken muss. Sie bindet sich an Chase; Er wirkt für sie wie ein gnädiger Gott, welcher ihr Leben verschonte und sie gewähren ließ (und sogar in seine Gruppe einspannt). Es wäre für Emily viel zu schmerzhaft gewesen der Wahrheit ins Auge zu blicken - dass Chase ein verrücktes Mitglied einer Gruppe Vergewaltiger ist - und sie fühlt sich auch mit Sicherheit schuldig in irgendeiner Art und Weise, sodass sie sich mit Gewalt an ihn bindet und alle Taten ihr gegenüber positiv und dankenswert interpretiert - Da er ihr ihr Leben lässt. Man muss sich das in etwa wie bei  Natascha Kampusch vorstellen: Um die Psyche nicht vollständig zu zerstören und zu schützen bildet das Gehirn einen Abwehrmechanismus; Fortan bindet sich das Opfer an ihren Peiniger um sich vor weiteren psychischen Einschlägen zu schützen, eine provozierte Liebe entsteht und das Opfer sieht somit die Taten des Vergewaltigers in einem anderen, besseren Licht. Deswegen beschützt sie ihn auch vor Dexter und Lumen und opfert sich für ihn.

Insgesamt ist nichts wie es scheint und man weiß nie, wem man vertrauen kann. Und Jordan Chase und seine Gruppe sind ein Paradebeispiel dafür. 

Donnerstag, 27. Juni 2013

Faszination Dexter - Der Trinity Killer


Der Countdown geht nun in die zweite Runde - Und somit kommen wir zu einem Antagonisten, welcher definitiv einer meiner Lieblinge ist und für viele spannende Momente sorgte: Der Trinity Killer aus der vierten Staffel von Dexter. Warnung an alle: Es folgen nun viele Spoiler bezüglich dieser Staffel.

Arthur Mitchell, der Trinity Killer, ist mit Abstand einer der gefährlichsten der ganzen Serie. Allein die Eröffnungsszene ist furchteinflößend: Ein älterer Mann, welcher eine junge Frau in der Badewanne umbringt. Und zunächst wissen wir nicht, warum. Und er bringt nicht nur normale Frauen um - normale im Sinne von: Keine Prostituierten und keine, welche Dreck am Stecken haben - sondern vergreift sich auch in dieser Hinsicht an kleinen Kindern. Und seine Persönlichkeit macht ihn unberechenbar. 

Wie kommt das? Was sind seine Motive? Arthur Mitchell wuchs als kleiner Junge völlig normal auf, bis er eines Tages von Neugier gepackt seine Schwester im Bad beobachtete. Diese erschrak und fiel so unglücklich, dass Scherben der Kabine ihren Oberschenkel zerschnitten und sie in der Badewanne verblutete. Anschließend verfiel Arthurs Mutter in Depressionen und begang Selbstmord. 

Seine Kindheit war völlig zerstört - Unweigerlich gab sich Arthur die Schuld am Tod seiner Schwester, er wuchs ohne Mutter und daraufhin wurde der Vater schwerer Alkoholiker und gab seinem "perversen" Sohn die Schuld an dem Tod seiner Frau und Tochter. Zudem wurde er seinem Sohn gegenüber oft handgreiflich. Später wurde Arthurs Vater tot und alkoholisiert in der Gosse gefunden.

Bedingt durch die vielen Traumata zersprang seine Persönlichkeit und seine Unschuld war unwiderruflich verloren. Dadurch entwickelte er sich zu dem, was er nun ist: Ein eiskalter Mörder mit vielen Gesichtern.
Sein Schema zu morden hat er über Dekaden seiner eigenen Hintergrundgeschichte angepasst: Zunächst sucht er sich einen kleinen Jungen, welcher ungefähr das Alter hat, wo Arthurs Leben noch in Ordnung ist. Diesen betoniert er lebendig in den Grund. Danach sucht er sich eine junge Frau und stellt die Badewannenszene mit ihr nach. Daraufhin forciert er eine Mutter von zwei Kindern dazu, selbst von einem Gebäude zu springen - Genau wie seine Mutter damals. Und zuletzt sucht er einen alkoholisierten Mann auf, provoziert einen Streit und erschlägt ihn dann brutal.
Das betonierte Kind steht symbolisch dabei wohl für seine Unschuld, die er damit begräbt und welche damals mit dem Tod seiner Schwester starb. Bei dem "Jumper"-Mord ist er sehr darauf bedacht, dass er die Frau nicht schubst, sondern sie in die Enge treibt und sie von alleine springt. Vielleicht fühlte sich Arthur damals genauso - Er hat seine Mutter "in die Enge getrieben", welche sich daraufhin das Leben nahm. Somit gibt er sich auch hier die Schuld. Der Mord am alkoholisierten Mann hingegen stellt einen deutlichen Kontrast dar; Hier geht er wesentlich aggressiver und gewaltsamer vor. Dies könnte eventuell seine Art sein, seinen Hass und dessen Druck gegenüber seinem Vater auszulassen. Dabei ist auch schleierhaft, ob er eventuell damals seinen eigenen Vater umbrachte. Die Möglichkeit besteht und würde das Bild komplettieren, aber es wurde nie bestätigt.

Genau wie Dexter führt Mitchell im öffentlichen Leben ein Doppelleben. Einerseits ist er der rührende Vater, Lehrer und Mitarbeiter bei "Four Walls One Heart", andererseits Stalker und Killer. Allerdings sickert hier auch teilweise sein Alter Ego durch; Arthur ist nicht mehr der Herr über sich selbst und verfällt oft in Wutausbrüche, versucht seine Familie mit Gewalt in Schach zu halten und wird seinem Sohn - genau wie sein Vater damals - gegenüber handgreiflich. Somit kann er seinen "Dark Passenger" nicht bändigen. 
Dies könnte man auch wieder als dunkles Gegenstück, so wie Brian, zu Dexter deuten: In der vierten Staffel muss Dexter sein Doppelleben mit einer Familie meistern. Er ist nun verheiratet und Vater. Mitchell könnte exemplarisch darstellen, wie Dexter werden könnte, wenn er über seinen "Dark Passenger" keine Kontrolle mehr hätte und somit eine Gefahr für seine Familie darstellt.

Später wird auch sehr deutlich, dass Arthur sehr unzufrieden mit seinem Leben ist und diesem Kontrollverlust nicht mehr Stand hält. Durch seine erste Tochter Christine Hill treibt ihn dieses Mal durch ihre Liebe in die Enge, Dexter, Lundy und die Polizei kommen ihm allmählich auf die Schliche und er versucht öfter, sich das Leben zu nehmen und hat sogar schon einen eigenen Sarg für sich angefertigt. 
Unglücklicherweise rettet ihm Dexter jedoch das Leben; Dexter will, dass Arthur durch seine Hand stirbt. Dies war jedoch ein fataler Fehler: So hat er nicht nur Lundy, den Geliebten von Debra, auf dem Gewissen, sondern bringt auch später Rita, Dexters Ehefrau, um. Dadurch trägt er einen großen Teil an der Zerstörung der Psyche der beiden Hauptprotagonisten bei. 

Insgesamt kann man also sagen, dass Mitchell unter einer dissoziativen Persönlichkeitsstörung leidet, welche sich durch sein Kindheitstrauma entwickelte. Dissoziative Persönlichkeitsstörung bedeutet im Klartext, dass er mehrere Persönlichkeiten aus Selbstschutz entwickelte (wegen seines Traumas). Im Gegensatz zu Dexter ist er kein Soziopath - Er kann sehr wohl lieben (siehe die Beziehung zwischen ihm und seiner Tochter Christine), hat aber bezogen auf sein Doppelleben häufiger Kontrollverlust über seine verschiedenen Persönlichkeiten ("Yesterday he was jumping down my throat, today he is the happy dancing man... Is that mask of his crumbling?" - Dexter).


Mittwoch, 26. Juni 2013

Faszination Dexter - Der Ice Truck Killer



"You can’t be a killer and a hero. It doesn’t work that way!"

Die US-amerikanische Serie "Dexter" ist nicht die typische Krimiserie, die man abends auf Vox zum Einschlafen schaut. Nein, ganz im Gegenteil - Sie übt eine gewaltige Faszination aus, die man kaum mit Worten beschreiben kann. Diese Faszination beruht zum größten Teil auf moralischen Aspekten sowie die untypischen und eigenartigen Charaktere, die keinen Klischees entsprechen oder nur schwer einzuordnen sind. 

Hiermit versuche ich als Countdown zum Beginn der achten und letzten Staffel am nächsten Sonntag eine sehr wichtige und essenzielle Seite von "Dexter" zu beleuchten - Die Antagonisten. Und wo wären wir da, wenn wir nicht sofort den Gegenspieler besprechen würden, der immer noch in Staffel 7 in aller Munde ist? Natürlich, ich rede vom Ice Truck Killer. Und nun warne ich euch vor - Solltet ihr die erste Staffel von Dexter noch nicht gesehen haben: Holt dies unverzüglich nach und lest erst dann weiter. Der folgende Text wird sehr Spoiler-lastig. 

In der ersten Staffel ist es zunächst schleierhaft, wer der Ice Truck Killer ist und welche Relation er zum Antihelden Dexter hat, da seine Hobbies für gewöhnlich das Einbrechen in dessen Wohnung und das Verteilen von kuriosen Hinweisen bei ihm ist. Später erfahren wir, dass Brian Moser nicht nur der Ice Truck Killer, sondern auch der leibliche Bruder von Dexter ist, welcher bis dato dachte, er hätte nur eine Adoptivschwester, Debra. 
Zufall? Selbstverständlich nicht. Aber warum wurde Brian zu dem, was er ist? Das "schwarze Schaf"? Scheinbar hat nicht nur Dexter ein Trauma davon, dass seine Mutter vor seinen Augen umgebracht worden ist. Im Folgenden möchte ich mich damit beschäftigen, warum Brian ein eiskalter Killer geworden ist und wie er zu Dexter steht.



Fangen wir aber zunächst von vorne an. Brian und Dexter hatten ein ziemlich gutes Verhältnis und waren als Geschwister unzertrennlich, wobei Brian einen großen Beschützerinstinkt aufwies. Seine Mutter war zwar alleinerziehend, kümmerte sich aber rührend um ihre Kleinen.
Anschließend wurde ihm auf einen Schlag alles genommen: Vor seinen eigenen Augen wurde seine Mutter umgebracht und er musste Tage lang in ihrer Blutlache im Container leben. Anschließend wurde das letzte bisschen, das ihm noch Halt gab, ebenfalls weggenommen: Dexter, sein Bruder. Im Gegensatz zu Dexter war Brian schon alt genug damit es ein bleibendes Trauma war, während Dexter durch Verdrängung es teilweise spielend umgehen konnte. Also bekam Dexter eine Adoptivfamilie während Brian direkt in die nächste Psychiatrie einziehen durfte, da Dexters Adoptivvater und Retter Harry keine Hoffnung mehr in dem kleinen traumatisierten Kind sah. Die Anstalt verlies er erst wieder mit 21 Jahren.

Kleine Kinder haben eine sehr labile Psyche und diese kann auf einen Schlag zerstört werden. Dadurch, dass die am meisten geliebten Personen in seinem Leben, seine Mutter und sein Bruder, ihm weggenommen worden sind, wurde genau diese Psyche auch zerstört. Die Psychiatrie hat dies vermutlich dies auch nur noch verschlimmbessert, wodurch er ein absolutes Wrack wurde. Brian zersprang in tausend Stücke und klammerte sich fortan an den  letzten noch verbleibenden Erinnerungen fest, welche für ihn die Welt bedeuteten.

So baute sein Leben auch nur noch darauf auf. Brian, später unter dem Pseudonym Rudy Cooper, entwickelte einen extremen Elektrakomplex. Elektrakomplex bedeutet laut Freud und Erikson, dass die eigene Mutter als die höchste und beste Frau der Welt tituliert und Vorbild für alle potentiellen Liebespartner wird. So wird in einer Szene gezeigt, dass Laura Moser, seine Mutter, ihre Fingernägel mit verschiedenen Nagellacken bemalt. Dies brannte sich in Brians Erinnerung ein und er verlangt später von den Prostituierten, welche mit ihm verkehren, immer, dass sie ihre Fingernägel genau wie seine Mutter bemalen. 
Des Weiteren ist Brian ständig auf der Suche nach Dexter, der anderen guten Erinnerung und der "verlorenen Unschuld". Er stalkt ihn regelrecht und versucht ihm berufstechnisch näher zu kommen indem er Prothetiker wird. Zudem versucht er durch seine cleveren Mordmethoden Dexters Aufmerksamkeit zu erwecken, da er erfahren hat, dass jener ebenfalls ein Trauma davon getragen hat und Serienkiller wurde - Und somit der Erste überhaupt ist, der dies auf eigene Faust hin herausgefunden hat. 



Später kommen die beiden auch privat sich näher, wobei er Dexters Adoptivschwester, Debra, benutzt. Er gewinnt ihre Liebe nur um seinem Bruder näher kommen zu können. 
Somit können wir festhalten: Der Mann geht über Leichen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ihm ist egal, wie es um Debra oder irgendwen steht. Er hält verbittert an seinen Erinnerungen fest und möchte nur eines: Wiedervereinigung.
Brian hat sich eine kalte Schutzmauer erbaut, niemand kann an ihn ran, niemand, außer seiner Familie. Er stellt diese Aspekte sogar über sein Leben, wie man am Ende nur unschwer erkennen kann. Jegliche Emotionen hat er in dem Container hinter sich gelassen. Er will eigentlich keine Rache, er will sein altes Leben zurück. Das Leben, das ihm Freude bereitet hat und nicht das, was ihm hinterher in der Psychiatrie aufgetischt worden ist.

Jedoch werden diese naiven und unschuldigen Träume und eigentlichen Bedürfnisse eines Kindes - Familie, Schutz und Geborgenheit - nicht von Dexter geteilt. Beide haben unterschiedliche Ansichten und töten aus verschiedenen Motiven.
Dexter versucht seinen Bluttrieb sinnvoll zu unterbinden und lebt nach dem Kodex, welcher sein Vater ihm beibrachte. So bringt er nur Menschen um, die laut diesen Regeln schlecht sind - Mörder. Brian hingegen strebt nach dem Glück seiner Familie und ist äußerst frustriert. Er will Aufmerksamkeit und möchte seinem letzten übrig gebliebenen Familienmitglied näher kommen.

Letztendlich kommt es auch zum Showdown zwischen Dexter und Brian. Brian serviert Dexter dessen eigene Schwester so wie Dexter seine Leute immer umbringt. Allerdings verstößt dies nicht nur gegen Harrys Kodex, Dexters Ziehschwester Debra ist wohl die einzige Person für die er wohl je was empfunden hat. Deswegen entscheidet sich Dexter gegen seinen leiblichen Bruder und für seine Adoptivschwester, obwohl Brian als eine Art Vorbild fungierte und Dexter mit absoluter Sicherheit die Wiedervereinigung gut geheißen hätte.



"Death by Dexter. Fantastic idea. Kill. Him:"

Eigentlich verkörpert Brian das genaue Gegenteil von Dexter - Eiskaltes Töten aus Egoismus. Während Dexter versucht seine Taten moralisch zu rechtfertigen ist Brian es völlig egal, wen er tötet und wofür, solange er damit seinen Zielen entgegen kommt. 
In Staffel sechs hat Brian auch nochmal einen Auftritt in Geist-Form. So versucht er Dexter zum Töten durch Lust zu animieren und spiegelt damit gut seinen dunklen Begleiter ("Dark Passenger") wider - Das nackte Gefühl, zu töten. 
Diesem entreißt sich Dexter aber auch schnell wieder - Er möchte seine Prinzipien nicht verletzen. Somit sträubt er sich gegen das Töten, obwohl er selber ein Serienkiller ist, und zeigt deutlich Menschlichkeit und ein gewisses Maß an Moral.

Mit Brian haben wir somit einen klassischen Soziopathen. Er zerstört systematisch Debras Leben, indem er sie ausnutzt und ist nur an seinen eigenen Bedürfnissen interessiert. Mit der Wiedervereinigung mit Dexter erhofft er sich Besserung in seinem Leben und verlangt somit mit Gewalt die Zeiten zurück, in denen er noch glücklich war. 
Zudem ist er der Meinung, dass Dexter eigentlich auch nur zum Spaß tötet (genau wie er), obwohl jener eigentlich nach dem Kodex von Harry lebt. Nach der Erkenntnis, dass beide Parteien zwar deutliche Gemeinsamkeiten haben, aber sich jeweils in eine andere Richtung entwickelten, zerbricht auch Brians Weltbild. Nichts kann ihn mehr im Leben halten und Dexter wird statt dem erhofften Verbündeten zum Feind. Schließlich bringt Dexter ihn um, da er eine potentielle Gefahr in Brian für seine Schwester und sich selbst sieht. 
Dennoch sieht Brian im Gegensatz zu Dexter keinen großen Unterschied zwischen den beiden. Beide Töten - Das Motiv spielt für ihn keine Rolle. Dexter ist ein Mörder, genau wie er. Nur Dexter differenziert dies bezüglich.

Stellt sich nur noch die Frage? Warum sind all seine Opfer blutleer? Üblicher Weise entfernt Brian all den Prostituierten, welche seinem Beuteschema entsprechen, das Blut, indem er sie Hals über Kopf aufhängt und so das Blut rausfließen lässt wie beim Schlachter. Doch warum?
Eventuell könnte dies mit seinem Trauma zusammenhängen - Tage lang in der Blutlache der eigenen Mutter leben. Und mit Dexter. Dexter hat einen absoluten "Blutfetisch" und sammelt Blutproben seiner Opfer. Brian hingegen raubt seinen Mordopfern das komplette Blut. Später benutzt er dieses um die Szenerie aus seiner Kindheit nachzustellen. Somit hat dies letzendlich wieder den Zweck, Dexter nahe zu kommen; Er möchte zum Einen Dexters Erinnerungen, welche er bislang verdrängte, wieder auffrischen und zum Anderen Dexter sein Blut "wegnehmen", mit welchem er eigentlich arbeitet und was sein Leben ausmacht, um so wieder seine Aufmerksamkeit zu erlangen. 



Insgesamt kann man sagen, dass Brian Dexters dunkle Seite widerspiegelt. Er ist das perfekte Beispiel dafür, was aus Dexter geworden wäre, wenn er keinen Halt in seinem Leben gehabt hätte (seine Adoptivfamilie) und niemanden, der ihn lehrt, mit seinem Blutdurst "moralisch gut" umzugehen (Harry).
Im Endeffekt war Brian nur ein geschädigtes Kind, welches rückwärtsgewandt ist und sich nach seinen alten und für ihn besseren Zeiten sehnte.

Morgen setze ich dann die Serie der Antagonisten in Dexter fort. Zählen wir gemeinsam bis zur ersten Episode der finalen Staffel!